Sonntag, 17. Oktober 2010

Mandelbrot


Benoît Mandelbrot ist gestorben. Er zeigte der Welt eine neue Geometrie und gab mir ein Thema für eine Facharbeit. Es war das erste Mal, dass ich mich aus echtem Interesse tiefer in etwas hinein arbeitete. Vielen Dank Benoît.

M
Klicken zum herauszoomen. Bilder erstellt mit XAoS.

Freitag, 1. Oktober 2010

Live aus Stuttgart

Eine kurze Unterbrechung des normalen Blogbetriebs aus aktuellem Anlass: ich schaue Fluegel.tv live aus dem Stuttgarter Schlosspark.

Oben steht das Aktuellste, wers in der richtigen Reihenfolge lesen mag, sollte also unten anfangen.

23.51 Uhr: 50. - 100.000 Demonstranten, fast keine Polizeipräsenz, man hat also doch etwas gelernt. Wenn es so noch ein paar Tage weitergeht, dann haben die Baugegner eine Chance, den Bau zu stoppen, bis ihm bei einem Volksentscheid oder bei den nächsten Wahlen der Garaus gemacht wird. Dann hätte man eine Milliarde Euro an Kosten, die bisher angelaufen sind, in den Sand gesetzt. Die Erkenntnis, dass sich das Volk wehren kann und sich nicht alles gefallen lässt, wäre das durchaus wert. Es wäre auch hervorragendes Lehrmaterial für künftige Großprojekte, denn solche katastrophalen Planungs- und Kommunikationsfehler muss man nicht öfter als einmal machen.

19.52 Uhr: Auf der heutigen Demo wurde soeben verkündet, dass die Baumfällarbeiten vom Eisenbahnbundesamt untersagt waren. Damit hätten wir 25 Märtyrerbäume.

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2.41 Uhr: Auf einem hohen Balkon des Bahnhofs stehen drei dunkel gekleidete Gestalten und beobachten das Geschehen, wie die apokalyptischen Reiter, die mal eben abgestiegen sind und ihre Pferde grasen lassen, während sie auf den Vierten warten, der noch im Park zu tun hat.


2.33 Uhr: Nach Beginn der Baumfällarbeiten sah alles nach Resignation und Hilflosigkeit aus, dann noch starker Regen, aber dennoch sind noch viele Leute da. Die Bäume sind nicht mehr zu retten, aber die Wut, die hier aufgebaut wurde, wird wohl nicht so schnell verrauchen. Ich glaube, die Verantwortlichen von Politik und Bahn sind sich nicht im Klaren, was sie da angerichtet haben. Sollte es jemals Stuttgart 21 geben, dann wird es immer mit dieser staatlichen Brutalität assoziiert werden. Mappus hat sich zum Feind seines eigenen Volkes gemacht. Vernünftige Gespräche zum Thema werden in nächster Zeit nicht mehr möglich sein.

2.02 Uhr: Wenn jemand Macht und Geld hat, dennoch ein langweiliges Leben führt und nicht genau weiß, wie man sich so richtig viele Feinde macht, hier kann er es sehr anschaulich lernen. Man nimmt dazu ein mangelhaft geplantes Großprojekt, macht es durch ignorieren gegensätzlicher Meinungen erst mal schön unpopulär und setzt es dann mit aller Gewalt und ohne Rücksicht durch.

1.46 Uhr: Es wird gemeldet, dass wieder Reizgas eingesetzt wurde. Damit hätte ich schon wieder Unrecht, dass die Polizei (bzw. deren Befehlshaber) realisiert hat, dass sie gegen ihresgleichen kämpft (0.23).

1.36 Uhr: Noch ein Zitat: "In Wackersdorf haben sie es ähnlich gemacht". Das gibt Hoffnung, denn wir wissen ja, wie Wackersdorf endete.

1.34 Uhr: Regen war schon immer schlecht für Volkes Zorn.

1.24 Uhr: Da habe ich mich wohl getäuscht, dass es heute Nacht ein Schachspiel wird (0.47). Ein Baum nach dem anderen wird gefällt, leider außerhalb des Kamerabildes.

1.21 Uhr: Die Pläne für das Projekt sind ja schon alt, eine Altlast aus der grottigen Ära Mehdorn. Damals war die Stimmung im Volk aber noch besser, man ließ sich mehr gefallen und die Regierungspolitik war nicht so lobbygesteuert (jedenfalls nicht so auffällig).

1.15 Uhr: Und so werden sogar alte Spießer zu Revoluzzern. Das zu schaffen, diese Leistung muss auch mal gewürdigt werden.

1.13 Uhr: Der Staat versteht es anscheinend immer noch wie in den 70er Jahren, sich friedliche Bürger zu Feinden zu machen. Was aber damals durch die Ideologie des Kalten Krieges bewirkt wurde, erledigt heute die Macht des großen Geldes der Industrielobby und einer Politik, die sich nur allzu gerne vor deren Karren spannen lässt.

1.03 Uhr: Die Baumfällarbeiten haben begonnen, die Polizei ist mit Gasmasken ausgestattet.

1.01 Uhr: Zitat eines unbekannten Schwaben: "Isch des jetzt Krieg oder was machet ihr da?"

1.00 Uhr: Die Polizei rückt vor.

0.54 Uhr: Eher peinlich ist die Reaktion der öffentlich-rechtlichen Medien. Keine Livesondersendung, lieber den historischen Summs von vor 20 Jahren.

0.47 Uhr: Die Stuttgart 21-Bauer sind in einem riesigen Dilemma. Milliarden wollen verschwendet werden und sehr viele Leute wollen davon profitieren. Die Gegner haben jetzt aber eine reelle Chance, den Bau zu verhindern. Wie soll die Polizei nun vorgehen? Mit der Leberwursttaktik wäre der Park schnell geräumt, dafür hätten wir bald bürgerkriegsähnliche Zustände. Wenn die Polizei jetzt abrückt, dann ist Stuttgart 21 Geschichte, ebenso wie die Karrieren von Mappus und Grube. Von daher wird es wohl erst einmal ein langes Schachspiel heute Nacht geben. Ich wünsche den Demonstranten ein großes Durchhaltevermögen und warme Getränke.

0.35 Uhr: Allein schon das stümperhafte Vorgehen, Wasserwerfer und Reizgas gegen Schüler und Rentner einzusetzen, müsste zum Rücktritt des Stuttgarter Polizeipräsidenten und des BW-Innenministers führen. Andererseits ist aber der Duisburger OB auch noch im Amt.

0.23 Uhr: Bei einer Demonstration vermummter Chaoten gegen ein Alkoholverbot auf öffentlichen Grünflächen sind die Rollen klar verteilt. Hier steht aber der Staat gegen seine eigene Basis. Nach dem ersten Zuschlagen heute Mittag wurde das wohl auch der Polizei klar.

0.15 Uhr: Das besondere an dieser Demo ist, wer hier demonstriert. Normale, gut situierte Durchschnittsbürger. Das hatten wir so noch nicht und die Regierung kann damit überhaupt nicht umgehen.